DAS LEDIGENHEIM IM WANDEL DER ZEIT
Einleitung
Die Idee des Ledigenheimes als eigenständige Einrichtung für Durchreisende und Alleinstehende entstand Mitte des 19. Jahrhunderts mit der zunehmenden Industrialisierung und Urbanisierung Europas.
Industrielle Ballungszentren sowie Hafenstädte verzeichneten einen enormen Bevölkerungszuwachs, überdies hatten sie mit saisonalen Schwankungen zu kämpfen. Große Menschenmassen drängten auf engsten Raum und es kam zu sozialen und hygienischen Problemen. Die Ledigenheime und eine Reihe weiterer Wohnformen sollten Abhilfe schaffen.
Das Ledigenheim in der Rehhoffstraße im Hafenbezirk Hamburgs, der südlichen Neustadt, galt 1912, zur Zeit seiner Erbauung durch den Bauverein zu Hamburg, als »hoch modern«. Die Anlage war eine Kombination aus funktionalen Einzelzimmern und großzügig angelegten Gemeinschaftsräumen und sollte ihren Bewohnern sozialen Schutz in familienähnlichen Strukturen bieten. Das Haus wurde weitestgehend selbst verwaltet und den Bewohnern standen umfangreiche soziale Dienste zur Verfügung. Das hierfür notwendige Personal wohnte größtenteils im Haus.
Das Ledigenheim, das ursprünglich gemeinnützig erbaut und in diesem Sinne zunächst mieterfreundlich und verantwortungsvoll geführt worden war, ist in den letzten 30 Jahren Gegenstand von Finanzspekulationen geworden. Davon ist die Hausgemeinschaft sowie das Gebäude nicht unberührt geblieben und stark in Mitleidenschaft gezogen worden. Seit dieser Zeit hat sich die Situation bis heute immer weiter zugespitzt, so dass ein Fortbestehen des Hauses als Ledigenheim und der Verbleib der Bewohnerschaft nicht mehr gesichert ist.
Die Geschichte des Ledigenheims ist die von Menschen, die sich in ihrem Leben immer wieder fremden Interessen ausgeliefert und existentiell bedroht sahen, sowie einer Politik, die mehr oder weniger erfolgreich versuchte, unter ökonomischen Zwängen durch Gesetze den sozialen Frieden zu wahren.
